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Afghanistan: Unsere Wohlfahrt sei Eurer Schaden?

,,Meine Einschätzung ist aber, daß insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, daß ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit wissen muß, daß im Zweifel, im Notfall, auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren....“
Horst Köhler, Deutschlandfunk, 28. Mai 2010.

,,General, der Mensch ist sehr brauchbar.
Er kann fliegen und er kann töten.
Aber er hat einen Fehler:
Er kann denken.“

Bertolt Brecht, ,,General, Dein Tank ist ein starker Wagen“, ,,Svendborger Gedichte“, 1939.

Der Ex-Bundespräsident, Banker und CDU-Mann Horst Köhler hat ausgeplaudert, worum die Regierung mühsam lavierte: Der Krieg in Afghanistan dient wirtschaftlichen Interessen. Kriegsfürst Guttenberg assistierte: ,,Wir haben auch die Verantwortung, zukünftig Ressourcensicherheit für die Menschen unseres Landes sicherzustellen.“ (Tagesschau 28.05.2010) So viel Wahrheit verträgt kein Krieg: Damit dieser - noch - weitergeführt werden kann, mußte die Äußerung formal zurückgenommen werden und der Bundespräsident gehen.
Denn hier wird gegen jede vernünftige Anschauung nationale Gemeinsamkeit beschworen, wo ein Gegensatz existiert: Das Interesse an Profiten durch Rüstung und Ressourcenraub ist die Verneinung des Mehrheitsinteresses am Frieden.
Die deutsche Beteiligung an dem Feldzug gegen Afghanistan kostet mindestens 36 Mrd. Euro. (Die USA geben mindestens das Zehnfache aus.) Mit diesem Geld wäre wohl nicht allein in Afghanistan für eine solide regionale Ökonomie, Infrastruktur, Brunnen, Mädchenschulen und Menschenrechte viel auszurichten. Ohne Not - auch kulturelle - greift kein Mensch zur Waffe. Frieden zu schaffen heißt primär, die Not zu bekämpfen. Das Gegenteil ist geschehen.
An die Stelle einer friedlichen Entwicklung ist die Eskalation von militärischer Okkupation und Widerstand gesetzt worden. Deutsche Kapitalinteressen werden so in der Tat auch am Hindukusch ,,verteidigt“. Das verroht die Soldaten und die überfallene Gesellschaft. Deshalb ist der sofortige Truppenabzug notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung einer menschenwürdigen Perspektive für Afghanistan. Die politisch demonstrierte und militärische Gleichgültigkeit gegenüber Menschenleben ist die äußerste Zuspitzung des alltäglichen Marktgeschehens: ,,Deutsche“ oder ,,afghanische“ Interessen? Wer setzt sich durch?
Dieses Extrem verdeutlicht die gegenwärtige Zivilisationskrise: Ökonomisch und politisch geschaffener Mangel schürt die Konkurrenz, mehrt die Profite und gibt damit weltweiten Spekulationen, Rüstung und Markteroberungen Futter - zum Schaden der allermeisten. Krise und Krieg sind also eine Einheit. Gelten soll darin: Ich oder Du?
Wer diesem aufgedrängten Gegensatz solidarisch widersteht, verbessert die Bedingungen menschenwürdigen Lebens. Deshalb erfordert die globale ökonomische Ausnutzung der Bevölkerung aufgeklärte Gegnerschaft aller Orten. Frieden und Fortschritt - auch: Truppenabzug, Entmilitarisierung, Bildung, Arbeit, Gesundheit, Kultur und soziale Sicherung für alle - sind nur durch soziales Engagement zu schaffen.
Wenn diese Tatsache konsequent anerkannt ist, ist der Krieg nicht mehr führbar, denn Aktionäre, Manager und rechte Ideologen sind selbst nur selten an den Waffen anzutreffen. Darüber hinaus ist Frieden engagierte Aufklärung, internationale Solidarität und kooperative Produktion. Auch Wissenschaft erfüllt so ihren Sinn.
Vorbilder und Möglichkeiten sind reichlich Vorhanden.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Dienstag, den 1. Juni 2010, http://www.harte--zeiten.de/artikel_953.html