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Krümmel ist nicht niedlich

,,Koch forderte zugleich, sichere Atomkraftwerke unbegrenzt laufen zu lassen. »Wir wollen alle politischen Laufzeitbeschränkungen aufheben«, kündigte Hessens Ministerpräsident für die Zeit nach der Bundestagswahl an. »Die Frage, wie lange ein Kernkraftwerk sicher ist, soll nach dem Stand von Wissenschaft und Technik entschieden werden - der TÜV und nicht Herr Gabriel soll das bestimmen.«“
Roland Koch (CDU) im Hamburger Abendblatt vom 11. Juli 2009.

Das Atomkraftwerk Krümmel bei Geesthacht, 34 km entfernt von Hamburgs Innenstadt, sollte dringend endgültig abgeschaltet werden. Es ist als Anfang der 1980er Jahre gebautes Kraftwert nicht einmal ein besonders altes, aber mit 300 registrierten Störfällen - allein dreien seit es vor einigen Wochen wieder ans Netz ging - offenbar eines der riskantesten.
Krümmel ist aber nur ein Symptom für zwei Probleme der Energiewirtschaft. Das erste ist die Atomenergie selbst. Das zweite ist, daß sie privatisiert wurde.
Die CDU-Ministerpräsidenten wollen unbedingt vermeiden, daß Atomkraft zu einem Wahlkampfthema wird. Sie sind persönlich durch
Posten und Pöstchen mit der deutschen Atomlobby nicht zu knapp verbunden. Es ist eines der wenigen bedeutsamen Themen, bei denen sich Rot & Grün unverkennbar von Schwarz & Gelb positiv unterscheiden.
Atomkraft wird in Europa seit den 1950er Jahren ,,friedlich“ genutzt. Doch ist spätestens seit den dramatischen Unfällen in den Reaktoren in Harrisburg (USA, 1979) und Tschernobyl (UdSSR, 1986) weltweit der öffentliche Druck gestiegen, diesen Wahnsinn zu beenden. Denn bis heute gilt, jeder noch so unwahrscheinliche Unfall ähnlicher Dimension ist unbedingt zu vermeiden und die Entsorgung des permanent anfallenden, teilweise hochradioaktiven Atommülls ist bis heute nicht gewährleistbar und bedeutet eine eigenständige Gefährdung der Bevölkerung. Auch sind nachweislich in der Nähe von Atomkraftwerken und vergleichbaren Forschungszentren die Leukämie-Erkrankungen bei Kindern außerordentlich hoch. Nicht zu vergessen ist, daß Atomkraftwerke immer auch die Herstellung von Atomwaffen ermöglichen bzw. eine unverzichtbare Rolle bei der Erzeugung und Verbreitung von atomwaffenfähigem Material spielen. Jeder einzelne dieser Gründe müßte eigentlich reichen, um alle Atomkraftwerke so schnell wie möglich aus dem Verkehr zu ziehen.
Dagegen fordert zum Beispiel der Präsident des deutschen Atomforums und Vorstandsmitglied bei Energiekonzern EON, Walter Hohlefeld, den Bau weiterer Atomkraftwerke. Die Energiekonzerne, in Hamburg ist es Vattenfall, haben kein Interesse an der Abschaltung der Kraftwerke, weil sie ihnen jeweils Extraprofite von jährlich ungefähr 200-300 Millionen Euro sichern. Der Konzern Vattenfall Europe, der die staatlichen Hamburger Elektricitätswerke (HEW) geschluckt hat, macht in Deutschland einen jährlichen Gewinn von circa 1,6 Mrd. Euro. Seit der Privatisierung der Energieversorgung und damit auch der Anlagen haben die Störfälle erheblich an Häufigkeit und Drastik gewonnen. Auch hier führt der Renditedruck zu einer zusätzlichen Schädigung von Menschen und außerdem zu einem bemerkenswerten Maß an Ignoranz und Intransparenz.
Die Atomkraftwerke müssen also abgeschaltet werden. Damit dies geschieht, müssen ihre profitsüchtigen Betreiber politisch ins Visier genommen werden. Ein erforderlicher Teil dessen ist, die Stromversorgung - wie andere Grundversorgungen auch - wieder in staatliche Hand zu bringen.
Der CDU-Senat in Hamburg sollte auch über diese Frage ins Stolpern kommen.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 13. Juli 2009, http://www.harte--zeiten.de/artikel_866.html