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Antrag des Ausschuß gegen Rechts vom 5.11.2007 an das Studierendenparlament zum 8.11.2007

Die Konsequenzen aus der Vergangenheit:
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Am 9. November 1938, vor 69 Jahren, erreichte die Verfolgung der Juden innerhalb des Deutschen Reichs ihren bis dato brutalen Höhepunkt. Die inszenierten Ausschreitungen in den Novemberpogromen zeigten in ihrer vollen Härte die vorangetriebene Unterdrückung der Juden und legten den Grundstein für den Ausschluss der jüdischen Bevölkerung aus dem gesellschaftlichen Leben. Sie waren ein markanter Schritt in Richtung der Vernichtungspolitik der Nazis. Auch in Hamburg wurden zahlreiche Geschäfte geplündert und Verhaftungen vorgenommen. Wie auch im übrigen damaligen Reichsgebiet liefen die Plünderungen, deklariert als Symbol des "spontanen Volkszorns", von den Organisationen der NSDAP nach einer genau vorbereiteten Planung ab.

Neben den Angriffen auf die großen Waren- und Modehäuser am Neuen Wall, dem Jungfernstieg und in der Mönckebergstraße, wüteten SA und SS vor allem im jüdischen Grindelviertel. Die Pogrome richteten sich sowohl gegen Privatwohnungen als auch gegen die dortigen Synagogen und die Talmud Tora Schule. Zurück blieben zerstörte Wohnungen und Geschäfte und in der Alster schwimmende Stoffballen und Schaufensterpuppen. Der Welle der Zerstörung folgte eine groß angelegte Verhaftungsaktion, der in Hamburg 879 Menschen zum Opfer fielen. Die Reaktionen der Hamburger Bevölkerung auf die Ausschreitungen blieben verhalten, obwohl die Ergebnisse des Wütens nicht zu übersehen waren. Mehr noch - Teile der Bevölkerung Hamburgs bereicherten sich an den Versteigerungen zurückgelassener jüdischer Habe.

Doch nicht nur die wirtschaftlichen Interessen vorwiegend der Hamburger Pfeffersäcke standen im Vordergrund. Viel schlimmer waren die Angriffe gegen die Menschen selbst: Insgesamt ermordeten die Nazibanden in dieser einen Nacht reichsweit 400 jüdische Mitbürger, die diktatorische Staatsmacht verhaftete 30.000 Menschen. 1.400 Synagogen und Kultureinrichtungen. wurden zerstört.

In Hamburg lag das Grindelviertel, das Zentrum der schrecklichen Mordnacht, in nächster Nähe zur Universität. Die hatte sich schon vor der Machtübertragung auf Betreiben reaktionär gesonnener Studenten dem braunen Ungeist weitgehend gebeugt und war seit 1934 "gleichgeschaltet". Opportunismus, Karrierismus und Verblendung trugen dazu bei, dass sich die Universität sehr weitgehend in den Dienst der neuen Machthaber stellte. Zahlreiche Universitätsmitglieder humanistischer Überzeugungen und aus dem jüdischen Kulturkreis wurden vertrieben und verfolgt; wenige Couragierte, darunter der Hamburger Zweig der studentischen Weißen Rose, widerstanden. Die Befreiung vom Faschismus 1945 beflügelte antifaschistisch-demokratisch gesonnene Studierende, einen Neubeginn zu wagen. Sie trafen auf die harte Gegenwehr alter Nazis und die politisch begünstigte Restauration bürgerlich-elitärer Wissenschaftstraditionen.

Vor 40 Jahren, am 9. November 1967, protestierten studentische Gruppen im Audimax anlässlich einer Rektoratsfeier gegen rechte Traditionen der Universität. Mit dem Transparent "Unter den Talaren/Muff von 1000 Jahren" manifestierten sie ihre Kritik. Diese Aktion war lebendiger Ausdruck der "68er"Bewegung. Ihr Erfolg ist unter anderem die gesellschaftskritische, demokratische Reform und soziale Öffnung der Hochschulen in den 70er Jahren. Die widerspruchsvolle politische Geschichte der Hamburger Studierendenschaft gemahnt uns:

Wehret den Anfängen!

Die Verfasste Studierendenschaft setzt sich deshalb für Frieden, mehr soziale Gerechtigkeit weltweit und ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen ein und ruft alle Studierenden dazu auf, hierfür zu wirken.

Wir rufen auf zur:

Gedenkveranstaltung zum
69. Jahrestag der Reichspogromnacht

8. November 2007, 15:30 Uhr,
Josef-Carlebach-Platz (neben der Talmud-Tora-Schule)

Veranstalter:
Universität Hamburg, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA), Auschwitz-Komitee Hamburg, Bürgerinitiative Grindelhof, JONS e.V. (Jüdische Organisation Norddeutscher Studenten), Jüdische Gemeinde in Hamburg

Veröffentlicht am Montag, den 5. November 2007, http://www.harte--zeiten.de/dokument_658.html