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Nicht bange machen lassen

Die Verbesserung unserer Lage ist eminent politisch

"Soziale Unordnung
>Was wünschen Sie zum Abendbrot? < fragte der Gefängnisdirektor den armen Sünder, der morgen früh am Galgen sterben sollte. >Sie dürfen essen und trinken, was und wie viel Sie wollen. <
>Schade! < sagte der Delinquent. >Schade! Wenn Sie mich das drei Monate früher gefragt hätten, wär' der ganze Raubmord nicht passiert.<"

Alfred Polgar, 1919.

"Mit Arbeitszeiten von 34 Stunden in der Woche und Löhnen, die zum Teil um die Hälfte über denen der Wettbewerber liegen, hat die Telekom keine rosige Zukunft. An dieser Einsicht wird auch die Gewerkschaft nicht vorbeikommen."
Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland (F.A.Z.), "Streik", 11. Mai 2007.

Der Unternehmer, seine Management-Schranzen und auch der rechnende Aktionär haben es schwer mit dem Arbeiter. Will doch dieser nicht begreifen, daß es der Lohn und die Unternehmensbesteuerung sind, die die Unternehmen in den nahenden Ruin treiben.

Die Telekom AG, deren Hauptversammlung jüngst eine 3 Milliarden Euro Dividende ausschüttete, will nun rund 50 000 Mitarbeiter "ausgliedern", die Wochenarbeitszeit um vier Stunden erhöhen und die Löhne bis zu ein Drittel senken. Sonst drohen angeblich "feindliche Übernahmen" und Massenentlassungen. "Globalisierung!", "Privatisierung!" - zur Verbreitung von Angst und Schrecken wird interessierterseits immerfort die Standortkeule geschwungen.

Ja, die Erpressungen der Arbeiter von heute sind die Gewinne der Aktionäre von morgen, sind die Entlassungen von übermorgen. Gegen diese "Logik" wird zurecht und mit einigem Engagement bei der Telekom gestreikt.

Die Lebensbedürfnisse der Bevölkerung richten sich nicht nach den Konjunktur- und Renditeerwartungen der relevant Besitzenden. Auch haben technischer Fortschritt und Qualifikationssteigerung die Arbeitsproduktivität so erhöht, daß Vollbeschäftigung bei Arbeitszeitverkürzung und Lohnzuwächsen gesamtökonomisch möglich und erforderlich sind. Auch ist die Telekommunikation nur aufgrund politischer Entscheidungen privatisiert worden und kann so auch - nicht ohne hohes gesellschaftliches Engagement - wieder in öffentliche Hände gelangen. (Dies ist vor allem für alle Bereiche der Grundversorgung mit Wasser, Energie, Mobilität, Kommunikation sowie für Gesundheit, Bildung und Wohnen aus humanen Gründen dringlich und sowohl qualitativ als auch volkswirtschaftlich vernünftig.)

Wie lange das erpresserische Regime global agierender Konzerne und ihrer politischen Handlanger anhält ist keine Frage von "Sachzwängen", sondern hängt von der Klugheit, dem Engagement und vor allem der Solidarität der Gepreßten ab. Das Gebot der Stunde ist, sich nicht von geschäftssüchtigen Chargen bange machen zu lassen. (Auch nicht von Schills Nagel und seiner Polizei.) Die streikenden Kolleginnen und Kollegen der Telekom sollten deshalb auf Zuspruch und Unterstützung rechnen können.

Auch der inhaltlich bewußt realisierte Boykott der Studiengebühren ist eine relevante Verbesserung unserer Lage. Positive Wirkungen sind unvermeidlich.

(Mit einem Asbach Uralt wird das auch den konservativen Kollegen aus der Schreibenden Zunft bekömmlich sein.)

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Mittwoch, den 16. Mai 2007, http://www.harte--zeiten.de/artikel_592.html