Menü | HomeAnträge und Beschlüsse › Antrag an das Studierendenparlament von Liste LINKS, harte zeiten und Fachschaftsbündnis vom

ohne Titel, zum Maulkorberlaß der Präsidentin

Das Studierendenparlament möge befassen, beraten und beschließen:

Würde

„WÜRDE DES MENSCHEN
Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen,
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst.“

Friedrich Schiller, Gedichte, 1795 - 1802.

Der Mensch ist immer mit seiner Außenwelt verbunden. Diese Verbindung konstituiert seine Existenz. Souverän ist die bewußte Handhabung dieser Verbindung; würdig ist ein soziales Dasein ohne Einschränkungen für die Nützlichkeit des Menschen für den Menschen.
Privatisierung, Kommerzialisierung und marktgerechte Segmentierung des Lebens negieren den Menschen. Wenn die (gewinnversprechende) Verwertung das Maß aller Dinge wird, ist die Würde des Menschen hart angetastet. Aus der Geschichte muß, erneut, gelernt werden: Das Leben ist keine Ware.
Die Krise ist, daß die entwürdigende Behandlung der Bevölkerungsmehrheit gemäß ökonomischer Einzelinteressen wider bessere Möglichkeiten fortgesetzt und dafür verschärft wird. Das bekommen alle zu spüren. Aus der Krise führt eine allgemeine Vorwärtsbewegung. Der erste Artikel des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ ) gibt die Richtung an.

Freiheit

„Aber man hindert alle daran, wenn man auch nur einem verbieten will, seinen Fortgang in der Erkenntnis andern mitzuteilen. Denn ohne diese Mitteilung im einzeln ist kein Fortgang im ganzen möglich.“
Gotthold Ephraim Lessing, „Anti-Goeze/Erster“, 1778.

Für die Überwindung der Krise sind demokratische Verständigung, Entwicklung, Einigung mit vernünftigen, gemeinsamen Konsequenzen für das Handeln von nicht zu unterschätzendem Wert. Die Freiheit der persönlichen Entfaltung, der Meinungsbildung, der Wissenschaften und der Künste (Art. 2 und 5 GG) ist die Freiheit zur mündigen gesellschaftlichen Partizipation an den jeweiligen Verbesserungsaufgaben der Zeit. Sie ist die Freiheit von der partikularen Interessendurchsetzung durch Staat und private Ökonomie.
Die neoliberalen Hochschuldeformen werden von Interessenvertretungen internationaler Großunternehmen ideologisch forciert (z.B: European Round Table). Sie fördern den sozialen und kulturellen Darwinismus wider Kritik, Vernunft und Erkenntnis für das allgemeine Wohl. Unterfinanzierung, Kommerzialisierung, umfassende Konkurrenzsetzung der Wissenschaftseinrichtungen, ihrer Teilbereiche und der wissenschaftlich Tätigen sowie die Entdemokratisierung der Hochschulen schnüren die Subjekte wissenschaftlicher Arbeit unerträglich ein.
Die neu geplanten Streichungen von wiederum 15 Prozent des universitären Bestandes überspannt den Bogen. Ihre Durchsetzung wäre anachronistisch in Bezug auf das gesellschaftliche Erfordernis der demokratischen Expansion von Bildung und Wissenschaft und würde die Universität Hamburg provinzialisieren.
Die „Schweigeverordnung“ der Präsidentin dient der Verschleierung ihrer Überforderung mit der Krise der Universität und der Verteidigung der kulturzerstörenden Politik des CDU-Senats an der Uni. Die Maßnahme ist auch Verfassungswidrig.
Zensur steigert das Elend; die Ursachen der Misere bleiben unberührt.
Diese Absicht verstimmt.

Die Universität als Republik

„Kein gerechterer Beurtheiler fremden Verdiensts als der philosophische Kopf. Scharfsichtig und erfinderisch genug, um jede Thätigkeit zu nutzen, ist er auch billig genug, den Urheber auch der kleinsten zu ehren. Für ihn arbeiten alle Köpfe - alle Köpfe arbeiten gegen den Brodgelehrten. Jener weiß alles, was um ihn geschieht und gedacht wird, in sein Eigenthum zu verwandeln - zwischen denkenden Köpfen gilt eine innige Gemeinschaft aller Güter des Geistes; was Einer im Reiche der Wahrheit erwirbt, hat er allen erworben.“
Friedrich Schiller, „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?“, 1789.

Die Universität kann sich nur in Opposition zum merkantilen Zeitgeist positiv entwickeln. Erforderlich sind wirkliche Reformen (erneute soziale Öffnung und Demokratisierung der Hochschulen, eine demokratische Studienreform, gesellschaftskritische Wissenschaftsentwicklung, die verbindliche Verwirklichung der Einheit von Studium, Lehre, Forschung und Selbstverwaltung etc.) und viel mehr Geld. Diese Entwicklungsrichtung muß dem Senat und der Handelskammer abgetrotzt werden.
Dafür muß kritisch die öffentliche Diskussion über die Zukunft der Universität geführt und fordernd in die Auseinandersetzungen um die Bürgerschaftswahl eingegriffen werden. Vonnöten ist nicht Kadavergehorsam, sondern lebendige demokratische Partizipation auf allen Ebenen akademischer und studentischer Selbstverwaltung. Dem diene nicht zuletzt die Einberufung des Konvent.
Die Präsidentin muß sich für ihr Amt qualifizieren, um dessen Erfordernissen gerecht zu werden: „Ihren Bildungsauftrag sieht die Universität in der Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit zu argumentativer Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage. Für alle Menschen will sie ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung.“ (Leitbild)

Das Studierendenparlament bitte sein Präsidium, den Beschluß dem Uni-Präsidium, dem Akademischen Senat, den Dekanaten und Fakultätsräten sowie der studentischen Öffentlichkeit und der Presse zur Kenntnis zu bringen.
Die Präsidentin wird zur Stellungnahme aufgefordert.

Veröffentlicht am Donnerstag, den 12. April 2007, http://www.harte--zeiten.de/dokument_580.html