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9.11.1938: Reichspogromnacht

9.11.2006: Tag des Gedenkens für eine bessere Gegenwart und Zukunft

,,Das Verhältnis von Wirtschaft und Politik wurde im Laufe der ersten Jahre des neuen Jahrhunderts (des zwanzigsten) immer enger, und zwar je mehr die politischen Grundanschauungen der führenden Industriellen, Bankiers und Verbandssekretäre mit denen des Bildungsbürgertums, der hohen Bürokratie sowie der Armee und Marine übereinstimmten.“
Fritz Fischer (1908-1999; Professor für Geschichte an der Hamburger Universität), ,,Griff nach der Weltmacht/Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/1918“, Athenäum Verlag 1978, S. 21.

Das ,,Bündnis der Eliten“ des Deutschen Reiches, das Fritz Fischer, hart angefochten nicht nur in seiner Berufsgruppe, schon zu Beginn der 1960er Jahre als ursächlich verantwortlich für den Ersten Weltkrieg charakterisierte, war ebenso verantwortlich für die faschistische Diktatur und den Zweiten Weltkrieg. Diese Kriege wurden planvoll zur politisch-ökonomischen Expansion geführt und gingen einher mit härtesten Restriktionen im Inneren. Beides - Krieg und Restriktionen - wurden von der einen (1914-1918) zur nächsten (1933-1945) machtpolitischen Sequenz brutal gesteigert.

Ein zentraler Bestandteil der herrschenden Staatsdoktrin war der schon lang grausam tradierte Antisemitismus. Er diente der Diktatur als rassistisches Instrument, um jüdisches Eigentum zu rauben, humanistische Kunst- und Denktraditionen zu zerstören und der Bevölkerung einen Sündenbock für alle Übel vorzuhalten. Diese Doktrin und gewalttätige (Staats-)Praxis hatte eine unvergleichliche Massenvernichtung von Menschen aus dem jüdischen Kulturkreis zur Folge.
In diesem Zusammenhang ist auch die sogenannte Reichskristallnacht (Reichspogromnacht) vom 9.11.1938 auf den 10.11.1938 zu verstehen. Während dieser Nacht wurden in Deutschland über 250 Synagogen, mehr als 8.000 Geschäfte und zahlreiche Wohnungen jüdischer Bürger zerstört und geplündert. Die Synagoge auf dem Hamburger Bornplatz fiel auch den Flammen zum Opfer. Viele jüdische Bürger wurden ermordet, 25.000 in "Konzentrationslager" verschleppt. Die extreme Phase der Judenvernichtung wurde damit begonnen.
Die Hamburger Universität, die auf das 1908 gegründete bürgerliche "Kolonialinstitut" zurückgeht und infolge der Novemberrevolution von 1918 ein Jahr später als republikanische Einrichtung konstituiert wurde, beugte sich im Verlaufe der Weimarer Republik aber schnell dem reaktionären Zeitgeist und wurde mittels des NS-Hochschulgesetzes von 1934 dem "Führerprinzip" und der dazugehörigen Ideologie und Praxis "gleichgeschaltet". Am 12.11.1938 durften auf Anordnung des Rektors Juden die Universität nicht mehr betreten oder an ihren Veranstaltungen teilnehmen. Viele Gelehrte und Studierende gingen zwangsweise ins Exil oder nahmen am Widerstand teil. Ihnen wird auf Gedenktafeln oder durch Hörsaalbenennungen gedacht. Kritische Lehre und Forschung sind teilweise diesen Tatsachen gewidmet*.

In diesem Sinne ist auch die Gedenkveranstaltung am 9.11. Sie sagt: Nie Wieder! und Wehret den Anfängen! Sie steht für Frieden, Aufklärung, Humanität, sozialen Fortschritt; für Kultur, Bildung und freudige Fairneß.

In Wissenschaft und Gesellschaft.

Es gelte der Ruf der Aufklärung: ,,Tempelherr:
Der Aberglaub, in dem wir aufgewachsen,
Verliert, auch wenn wir ihn erkennen, darum
Doch seine Macht nicht über uns. - Es sind
Nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten.“

Gotthold Ephraim Lessing, ,,Nathan der Weise“, Vierter Aufzug/Vierter Auftritt, 1779.

*Zum Beispiel: Eckart Krause, Ludwig Huber, Holger Fischer (Hg.): Hochschulalltag im ,,Dritten Reich“, Die Hamburger Universität 1933-1945, Hamburg 1991.

,,Erinnerung und Mahnung!“

Manifestation anläßlich des 68. Jahrestages der Reichspogromnacht
am 9. November 2006
15.30 Uhr, Joseph-Carlebach-Platz.

An diesem Ort, in Nachbarschaft zur Universität, wurde 1938 die Bornplatzsynagoge in Brand gesteckt und zerstört.
Veranstalter: Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes - Bund der Antifaschisten und die Universität Hamburg

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Dienstag, den 7. November 2006, http://www.harte--zeiten.de/artikel_501.html