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Wenn schon Helmut Schmidt ...

„Heute gibt es bisweilen die Tendenz, lieber Waffen zu liefern, als Soldaten zu schicken. Das kann ich nicht unterstützen. Die Unlust der heutigen Deutschen, Soldaten in fremde Länder zu schicken, die kann ich allerdings sehr gut verstehen. Wir haben in Wirklichkeit niemandem genützt dadurch, dass wir unsere Soldaten nach Afghanistan geschickt und dann dort auch Soldaten verloren haben.“

Helmut Schmidt: „Bremst die Rüstungsexporte!“, Die Zeit, Nr. 51, 12.12.2013.

Helmut Schmidt ist der beliebteste Politiker unter den Deutschen. Er war sozialdemokratischer Bundeskanzler (1974-1982). Sein Credo ist die sogenannte Realpolitik, kein Pazifismus. Doch äußert er sich kritisch über den Koalitionsvertrag zwischen Unionsparteien und SPD: „Die Koalitionsverhandlungen haben nicht den Anschein erweckt, als ob in Zukunft mit einem starken Rückgang der Genehmigungen für den Export von Kleinwaffen zu rechnen wäre. (...) Diese sogenannten Kleinwaffen sind die Massenvernichtungsmittel der heutigen Zeit.“ Weil jährlich mehr als 500.000 Zivilisten durch diese Waffen sterben, fordert er strenge Begrenzungen und resümiert, daß die schädlichen Kriegseinsätze jüngster Zeit (Afghanistan!) nicht wiederholt werden sollten.

Daß es dem Politiker um friedliche internationale Beziehungen und das Wohlergehen der Bevölkerungen geht, ist achtbar. Aber die Verbindung von Militär, Industrie, „Sicherheits“-Dienstleistungen und Medien konzentriert eine erhebliche Macht. Da werden für ein Ende zynischer Rüstungsverbreitung Kabinettsbeschlüsse und ethische Appelle an „die Politik“ nicht ausreichen.

Gesellschaftlich wirksam ist die Aufklärung der Friedensbewegung, die aufdeckt, daß diese Waffen mit wachsenden Gewinnen für deutsche Konzerne und der Genehmigung der Bundesregierung verstärkt in Konflikt- und Krisenregionen, bevorzugt nach Nordafrika und in den Mittleren Osten geliefert werden. Damit sind handlungsrelevant in Europa abstellbare Ursachen für Krieg, Flucht und Vertreibung benannt. Internationale Solidarität verbindet deshalb das Engagement für Asyl und Bleiberecht mit dem Kampf gegen Militarismus in den globalen industriellen Zentren, in denen das Geschäft mit dem Krieg gemacht wird.

Teil der Friedensbewegung ist die engagierte Friedensforschung. Jährlich geben die bundesdeutschen Friedensinstitute das „Friedensgutachten“ heraus. Das Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik ist daran beteiligt. Im Gutachten von 2013 findet sich die nachdrückliche Aufforderung: „Nach wie vor kommen die Kriege und Gewaltkonflikte der Gegenwart nicht ohne eine wirtschaftliche Basis aus, welche die zur organisierten Gewaltanwendung nötigen Instrumente zur Verfügung stellt. Friedenspolitik, das ist auch immer die Begrenzung eben dieser ökonomischen Voraussetzungen. Eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte wird seit einigen Jahren vielfach eingefordert; dem sei hinzuzufügen: Was für Finanzmärkte gilt, das gilt erst recht für Gewaltmärkte.“ (Marc von Boemcken, Rüstungsmärkte ohne Grenzen, Friedensgutachten 2013, S. 44 f.)

Eine humane globale Zivilisation erfordert mehr als „regulierten Krieg“. Deshalb wächst die internationale Opposition gegen Krieg, Militarismus und die entsprechenden Geschäfte. Eine Welt ohne Gewalt erfordert die globale Verwirklichung von Frieden und Menschenrechten, also auch von Bildung, Gesundheit, Kultur und auskömmlichem Wohnen für alle. In der „Welt- und Hafenstadt“ Hamburg befindet sich ein Zentrum deutscher Rüstungsproduktion und -exporte. Dagegen hat international solidarisches Engagement der hiesigen Bevölkerung weltweit zivilisierende Wirkung.

In der Universität und bei den Wahlen zu Akademischem Senat und Studierendenparlament sollte deshalb die gemeinsame Verantwortung für den Frieden gestärkt werden.

„General, der Mensch ist sehr brauchbar.
Er kann fliegen und er kann töten.
Aber er hat einen Fehler:
Er kann denken.“

Bertolt Brecht, „Svendborger Gedichte“, 1939.

V.i.S.d.P.: Golnar Sepehrnia, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Freitag, den 10. Januar 2014, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1240.html