Menü | HomePublikationenharte zeiten › Flugblatt der juso-hsg vom

Studentische Interessen wieder sichtbar machen!

Die 'Wissensgesellschaft' ist in aller Munde: Hochqualifizierte Arbeitskräfte sind gefragt, rasant werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse für alle Lebensbereiche anwendbar gemacht. Entsprechend sehen sich die Hochschulen mit gewandelten gesellschaftlichen Anforderungen konfrontiert. Damit bei den anstehenden Veränderungen studentische Interessen erfolgreich vertreten werden können, bedarf es einer politisch starken Verfaßten Studierendenschaft, die sich kritisch mit den äußeren Anforderungen auseinandersetzt und eigene Maßstäbe formuliert.

Universität gestalten

Mit der Gründung privater Eliteschmieden, Sponsoring und Lobbyarbeit (z.B. durch die milliardenschwere Bertelsmannstiftung) wird von Seiten der Unternehmensverbände der Druck auf die Hochschulen erhöht, kritischen Gesellschaftsbezug und demokratische Organisation zu Gunsten 'unternehmerischen Handelns' aufzugeben.

Mit dem Reformvorschlag für das Hamburgische Hochschulgesetz (HmbHG) gibt die Wissenschaftsbehörde diesem Druck nach: Bisher fest verankerte Beteiligungsrechte aller Hochschulmitglieder verschwinden. Gremien sollen Kompetenzen verlieren, Leitungen mehr Macht erhalten. Der Präsident soll das letzte Wort haben: Bei Prüfungsordnungen, Berufungen, Auswahl der Vizepräsidenten. Management statt Demokratie?

Statt dessen müssen die Mitbestimmungsmöglichkeiten aller Statusgruppen ausgebaut werden. In diesem Sinne gelang es uns im letzten Jahr, mit Profs und Uni-Angestellten maßgeblich die Stellungnahme der Universität gegen die Entdemokratisierung zu gestalten. Das wollen wir im nächsten Jahr im AStA weiter vorantreiben.

Fachschaften stärken

Der AStA muß die Fachschaftsräte (FSRs) durch Seminare für GremienvertreterInnen, Veranstaltungen und kontinuierliche Publikationen endlich wieder wirksam darin unterstützen, an ihren Fachbereichen für die Verbesserungen der Studienbedingungen zu wirken. Statt - wie der grüne AStA - die Fachschaftsvertretung kurzerhand vor die Tür zu setzen, gilt es, die Mitbestimmungsrechte der FSRs im AStA zu stärken und gemeinsame Perspektive zu entwickeln. Daß der AStA-Vorsitzende die im Entwurf des neuen Hochschulgesetzes vorgesehene Schwächung der FSRs befürwortet, zeigt, daß die Grünen kein sonderliches Interesse an Interessenvertretung auf Fachbereichsebe haben.

Die soziale Lage der Studierenden verbessern

In den Diskussionen um schnelleres und effizienteres Studieren wird stets ausgeblendet, daß sich heute nur noch die wenigsten voll auf ihr Studium konzentrieren können. 70% der Studierenden jobben nebenher und dabei handelt es sich in aller Regel nicht um Arbeit, die sie in ihrem Studium weiterbringt. Waren es in den 70er Jahren noch über 40% der Studierenden, die BAföG als soziale Studienförderung erhielten, so sind es heute nur noch 12%.

Die BAföG-Reform der Bundesregierung hat erhebliche Summen neu für die Studienförderung mobilisiert. Das ist gut, aber leider nicht genug. Denn der Kahlschlag der Kohl-Regierung ist damit noch nicht annähernd ausgeglichen. Zwar sind die Fördersummen endlich wieder nennenswert gestiegen und der Kreis der Berechtigten wieder erweitert worden. Doch grundlegende Forderungen sind weiter offen. Von der ursprünglichen Förderung als Voll-Zuschuß - nicht als Darlehen - ist längst keine Rede mehr. Eine zeitgemäße Weiterentwicklung wäre ferner, endlich zu einer elternunabhängigen Förderung zu kommen.

In der aktuellen Debatte um die weitere Entwicklung des BAföG wird deutlich, daß Studierende dafür werden kämpfen müssen, daß BAföG-Empfänger in Zukunft über die neuen Kurz-Studiengänge hinaus gefördert werden. Doch auch hier ist der AStA derzeit nicht informiert.

Selbstverständliche Leistungen wie die AStA-Sozialberatung werden gegenwärtig vernachlässigt. Für die BeraterInnen müssen wieder regelmäßig Schulungen organisert und die ausliegenden Materialien immer wieder aktualisiert werden,
sonst sind die Informationen, die Studierende
erhalten sehr schnell überholt. Die Rechts-
und Sozialberatung im AStA muß ausgebaut
werden. Auch die Fachschaftsräte und
OE-TutorInnen müssen so unterstützt werden,
daß sie noch besser in der Lage sind, die ersten Fragen zu BAföG in den Fachbereichen zu
beantworten.

Wissenschaft für alle

Wir leben in einer Welt, die auf komplexen gesellschaftlichen Prozessen beruht. Um sich
dieser Prozesse bewußt zu sein, und sie mitgestalten zu können, bedarf es eines fundierten Wissens um sie. Deshalb darf Wissen nicht das
Gut einiger weniger werden, wie es im Moment
der Trend ist. Sondern die Möglichkeit, sich
Wissen anzueignen, muß so vielen Menschen
wie möglich - unabhängig von ihrer sozialen Situation - zugänglich gemacht werden. Bildung
darf keine knappe Ressource sein. Im Gegenteil:
Je höher der allgemeine Bildungsstand, desto
besser und schneller lassen sich Probleme
durch wissenschaftlichen Fortschritt lösen.
Auch hier muß der AStA eingreifen. Er kann als studentische Interessenvertretung Lehrinhalte, die gesellschaftlichem Fortschritt dienen, einfordern: Studierende sollten selbst die Bildungsinhalte mitentwickeln - statt sich mit der Evaluation vorgegebener Lehrveranstaltungen abspeisen zu lassen.

Wissenschaftspolitik findet bundesweit statt. Wer Einfluß nehmen will, muß daher in bundesweiten Zusammenhängen handeln. Auch dies ist ein Grund, weshalb der AStA dem freien zusammenschluß von studierendenschaften (fzs) beitreten sollte.

Wo ist eigentlich der AStA?

Obwohl sich die Bedingungen, unter denen wir in dieser Universität studieren, in den letzten Semestern radikal verändert haben und es dringend notwendig wäre, daß in diesen Veränderungsprozessen die Interessen der Studierenden wirksam vertreten werden, ist vom AStA gegenwärtig nichts zu vernehmen. Nicht einmal mehr die grünen "Essentials" wie ökologisches Wirtschaften oder Basisdemokratie spielen noch eine Rolle. Von Hochschulpolitik ganz zu schweigen. Und wo der AStA tätig wird, handelt er oft genug studentischen Interessen zuwider. Kein Wunder also, daß das Interesse der Studierenden an der Verfaßten Studierendenschaft nachläßt.

Daß die Entpolitisierung der studentischen Interessenvertretung obendrein den Rechten in die Hand spielt, macht das Problem komplett. Denn die sind schon immer dagegen gewesen, daß man die Menschen mit zu vielen sozialen und politischen Ansprüchen behelligt.

Die studentische Interessenvertretung ist im Moment weder in der außeruniversitären Öffentlichkeit, noch auf dem Campus selbst wahrnehmbar - wir werden sie wieder sichtbar machen!

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 15. Januar 2001, http://www.harte--zeiten.de/artikel_109.html