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,,Jugendgewalt“ - Wer richtet da?

,,Warum er einfach so zuschlage? (...) Dafür gibt es laut Manu zwei Hauptgründe: Angst um das eigene Wohlergehen - und die Gruppe. »Man muss so lange zuschlagen, dass sich der andere nicht mehr wehren kann, nicht mehr die Polizei rufen kann. Man will ja nicht selber einen abbekommen. Daher ist man ja auch in der Gruppe, nicht alleine. Und man muss so krass sein, dass sich einfach niemand traut einzugreifen. Und dabei muss man den anderen in der Gruppe zeigen, dass man selber den Mut hat, hart ranzugehen, kein Feigling ist.« Je krasser die Tat, desto mehr sorge sie auch für den Zusammenhalt der Crew.“
Hannes Grassenegger, ,,Gegen den Kopf“, Die Zeit, 30. Juli 2010.

,,Doch leider sind auf diesem Sterne eben
Die Mittel kärglich und die Menschen roh.
Wer möchte nicht in Fried und Eintracht leben?
Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so!“

Bert Brecht, ,,Über die Unsicherheit menschlicher Verhältnisse“, ,,Dreigroschenoper“ 1928.

In Zeiten der Krise zerfallen Illusionen. Daß jeder seines eigenen Glückes Schmied sei, geht angesichts von Öl-Wogen und Bankenkrisen, Extra-Profiten im Kriegsgetümmel und gleichzeitigen Sparpaketen, Humankapitalgeschwätz und Lohndrückerei während auf den Yachtmessen die Korken knallen, nur noch denen locker über die Lippen, die sozialen Mangel nicht kennen. Die allermeisten können dagegen erkennen, daß die menschliche Gesellschaft nur solidarisch zu verbessern ist.

Um davon abzulenken, empört sich die mediale und politische Öffentlichkeit über zunehmende ,,Jugend“-Gewalt. Dieselbe Öffentlichkeit übrigens, die seit 9 Jahren den Krieg gegen Afghanistan befördert und jungen Menschen das Militär als ,,Perspektive“ anpreist. Der Weg in die Armee im Auslandseinsatz (Gehorchen/Kriechen/Töten) ist aber, selbst wenn er mit Ausbildung, Studium, Arbeitsplatz und Extrasold garniert wird, eine Laufbahn, die keine Lebensfreude verheißt.

Auch mit ,,Superstars“ und ,,Top-Modells“ bekämpfen RTLeinzweiunddrei jeden humanen Sinn: Wertvoll sei nur, wer voll in die Konkurrenz einsteigt und weder Achtung vor sich noch anderen hat.

Erfolg gibt recht?

Also spiegelt die gescholtene Jugend nur die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen sie lebt und die sie - so oder besser - selbst mitgestaltet.

Die soziale Gemeinschaft wird nur dann von Roheiten aller Art befreit, wenn das Wissen und Wollen der meisten darauf orientiert ist, menschenwürdige Bedingungen zu erstreiten. Das ist auch der Sinn des Engagements für Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Weiterbildung. Die Erkenntnis, daß ein besseres Leben nötig und möglich ist, wird durch dieses angeeignet und verbreitet.

Der Mensch ist ein soziales, kooperatives und denkendes Wesen.

Humane Vernunft und soziale Anteilnahme sind also die produktive Gegnerschaft zur Dekadenz. Alte Rezepte Marke ,,Schill“ - vom geschlossenen Jugendknast bis zur Zwangsbeschulung - gehören in den Giftschrank.

Bewegung schafft Erkenntnis und Hoffnung.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Mittwoch, den 4. August 2010, http://www.harte--zeiten.de/artikel_970.html