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„Bücherverbrennung - Nie wieder!“ Was zu lernen ist

„Denn der Geist setzt sich doch durch.“
Carl von Ossietzky, Die Weltbühne, 7. März 1933.

Die derzeitige tiefe Krise der Gesellschaft hat relevante Ähnlichkeiten mit der Weltwirtschaftskrise, die dem Erstarken der Nazis in Deutschland vorausging. Die vermeintlich ewige Prosperität marktförmiger Wirtschaft war 1933 in Frage gestellt. Arbeitslosigkeit, Lohndruck und Zukunftsangst führten zu großen sozialen und geistig-kulturellen Verheerungen in der Bevölkerung. Was ist zu lernen?
Historisch gab es drei gesellschaftspolitische Antworten auf die Krise: Einerseits den sozialistischen Versuch der beschleunigten Entwicklung einer sozial und kulturell egalitären Gesellschaft in der UdSSR sowie die sozialreformerische Politik des New-Deals in den USA. Aus der gemeinsamen Wurzel des Humanismus entsprang das spätere Bündnis der Anti-Hitler-Koalition. In Europa dominierte andererseits die faschistische Steigerung der Auspressung der Bevölkerung zur Verteidigung der rabiaten Profitwirtschaft. Rassismus, Verfolgung und national legitimierter Größenwahn bis in den Vernichtungskrieg waren die absehbaren und verhinderbaren Konsequenzen.
Viele Demokraten, Antifaschisten, kritische Intellektuelle sowie die Friedens- und Arbeiterbewegung haben frühzeitig und perspektivreich gegen den kapitalgestützten Aufstieg der Nazis, gegen Militarismus und völkischen Wahn opponiert und aufgeklärt. Sie sind mit der Machtübertragung an die Nazis im Januar 1933 verschärfter politischer Verfolgung ausgesetzt gewesen und haben dennoch widerstanden. Die Nazischergen haben versucht, das humanistische Erbe der Aufklärung, literarische und wissenschaftliche Werke, die den Weg in eine zivile und sozial progressive Welt wiesen, materiell zu vernichten und aus dem Bewusstsein der Bevölkerung zu löschen. Die von der faschistischen Studentenorganisation im Mai 1933 durchgeführten Bücherverbrennungen sind Fanal dieser Barbarei. Die geistigkulturelle Selbstentleibung der Jugend, die damit beabsichtigt war, konnte auf das elitäre und antidemokratische Erbe aufbauen, das an deutschen Hochschulen verbreitet war und besonders von studentischen Verbindungen gepflegt wurde. Dieser Angriff auf das kulturelle Erbes der Zivilisation ging der Vernichtung von Menschen voraus. Sie konnte die totale Zerstörung nicht bewirken.
Das Bestreben, bewusst, würdig und produktiv zusammenzuleben sowie der soziale und kulturelle Kampf dafür ist unausrottbar menschlich. Die Befreiung von Faschismus gelang.
Sie lehrt uns, kein Übel zu dulden und für menschenwürdige Lebensverhältnisse zu kämpfen, damit kriegstreibende und menschenverachtende Ideologie keine Verbreitung mehr findet und keinen politischen Einfluss gewinnt.
Heute, wenn rechtextremen Hetzer sich die soziale Verunsicherung und Degradierung von größeren Teilen der Bevölkerung wieder zu Nutze machen wollen, heißt das für uns, an die Erfahrungen aus der deutschen Geschichte zu erinnern. Bildung und Wissenschaft müssen der Aufklärung wider nationale und rassistische Ressentiments, Biologismus und Konkurrenz-Mythen dienen. Die Studierendenschaft muß für sozial förderliche und solidarische Bildungseinrichtungen und Lebensverhältnisse für alle Menschen streiten.
Internationalismus und Antifaschismus sind wesentliche Quellen einer erfreulichen Zukunft. Die Universität Hamburg ist ein lebendiger Ort des tätigen Gedenkens dafür und muss in diesem Bewusstsein weiterentwickelt werden.
Zerstörung - Nie wieder!

Das Studierendenparlament ruft auf:
Verboten - verbrannt - vergessen?
Mai 1933 - in Deutschland brennen Bücher
Mittwoch, 13. Mai 2009, 11-19 Uhr
Platz der Bücherverbrennung, Kaiser-Friedrich-Ufer/Ecke Heymannstraße
9. Marathon-Lesung aus den verbrannten Büchern: Hamburg liest gegen das Vergessen und setzt ein Lesezeichen gegen Rechts
Lest mit! Ein Gedicht oder einen Text aus einem der verbrannten Bücher. Für Kurzentschlossene liegen ausgewählte Texte bereit. Einfach zuhören, kann man selbstverständlich auch.

Veröffentlicht am Donnerstag, den 6. Mai 2010, http://www.harte--zeiten.de/dokument_930.html