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Augenwischerei für Reichfühler

Zum Bundestagswahlprogramm von CDU und CSU

,,Um die Krise zu bewältigen, bedarf es aber einer gemeinsamen wirtschaftlichen Anstrengung. Dafür brauchen wir die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfähigkeit jedes Einzelnen und eine Steuerpolitik, die beides zum Maßstab macht und belohnt. Die Steuersenkungen, die wir beschließen werden, sind deshalb kein Geschenk, sondern Teil einer umfassenden Konsolidierungs- und Wachstumsstrategie.“
Norbert Röttgen, parl. Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, im Interview mit der F.A.Z.: “Einfach weiter so wäre fatal”, 28. Juni 2009.

,,Aber es ist nicht das richtige. Es bleibt ein unbehagliches Gefühl an den Schulterblättern, seelisches Juckpulver kriecht durchs Gemüt, hier stimmt etwas nicht. Es ist doch nicht recht... ‘Na, mir wäre das gleich - ich nehme, was ich kriege!' Das sagen Sie so - wenn Sie es nachher haben, dann werden Sie sehen: hier ist etwas nicht in Butter.”
Kurt Tucholsky, ,,...das Geld aus dem Fenster“, 1928.

Drei zentrale ,,Erleichterungen“ sollen ,,uns“ durch die Hand der Unionsparteien erreichen, wenn sie die Bundestagswahlen im September gewönnen. Erstens: Die Anhebung des Grundfreibetrags (für's Kinderhaben) auf 8.004 Euro; zweitens: der Eingangssteuersatz soll schrittweise von 14 auf 12 Prozent gesenkt werden; drittens: die Anhebung des Eingangsbetrags für die Höchstbesteuerung von Einkommen von rund 52.000 Euro auf 60.000 Euro - monatlich wohlgemerkt. Hier werden munter Wahlgeschenke an einen breit gefaßten Mittelstand verteilt, dem sie schon wieder aus den Händen gleiten ehe er richtig zufassen konnte. Nicht berücksichtig ist dabei, daß die ärmsten 30 Prozent der Bevölkerung gar kein Einkommen haben, daß zu versteuern wäre.

Die Unionsmatzen haben also aus der weltweiten Krise keine relevanten Schlußfolgerungen gezogen. Sie setzt die Politik der sozialen Polarisierung fort, die aufgrund einer entfesselten Marktwirtschaft und eines rüden Abbaus sozialer Errungenschaften eine im Wortsinn gewaltige Konzentration des Reichtums in den Händen weniger bewirkt hat. Diese Wenigen (Schaefflers, Ottos, Piechs und Wiedkings zum Beispiel) spekulieren damit nun die Gesellschaft in Grund und Boden. Die Merkels, Pofallas, Rüttgers, von Guttenbergs und von Beust spekulieren ihrerseits weiterhin darauf, ihre Karrieren durch die Sitzorgane dieser ökonomischen Potenzen zu bestreiten.

In der Bundesrepublik sind die Löhne zwischen 1995 und heute permanent gesunken (1995: 805 Mrd. Euro auf 2007: 801 Mrd. Euro) während die privaten Gewinne und Vermögenseinkommen von 447 Mrd. Euro auf 584 Mrd. Euro anstiegen. Gleichzeitig wurde der Kündigungsschutz gelockert, wurden die Löhne vermittels Hartz IV und Ein-Euro-Jobs gedrückt, die Beiträge zu den Sozial- und Rentenversicherungen stetig erhöht, wurden Studiengebühren eingeführt, Krankenhäuser, Theater, Museen und Schwimmbäder privatisiert... . Die Liste der konservativ-neoliberalen Schandtaten (mal mit mal ohne Beteiligung von SPD und Grünen begangen) wäre unsäglich lang. Sicher ist, daß auch die minimalen Steuergeschenke an Besserverdienende in diesem Sud verdampfen würden.

Bündig hingegen ist das Paket, das den aller meisten helfen würde. Erstens: systematische öffentliche Investitionen in Infrastruktur, Arbeit, Bildung und Kultur sowie die Re-Verstaatlichung aller Bereiche der Grundversorgung; zweitens: konsequente Bekämpfung der großen Steuerhinterziehung sowie Besteuerung von Vermögensgewinnen und Erbschaften sowie eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und der Körperschaftssteuer; drittens: eine Erhöhung aller staatlichen Unterstützungsleistung für Menschen ohne oder mit nur geringem Einkommen (z.B. BAföG, Arbeitslosengeld, Wohngeld etc.).

Solidarität schafft klare Sicht.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 29. Juni 2009, http://www.harte--zeiten.de/artikel_859.html