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Exzellenz?

Oder: Die strukturelle Begrenztheit der Ungleichmacherei (dumm)

,,Denn ein und vielleicht das wichtigste institutionelle Ziel der Exzellenzinitiative war es schließlich, Unterschiede zwischen den Hochschulen anzuerkennen und zu fördern. Dazu aber braucht es eine neue Förderlinie für das sehr gute Verfolgerfeld der »Spitzenuniversitäten«“.
Achim Wiesner, Stephan Leibfried (Uni Bremen), ,,Im Land hinter den Leuchttürmen“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Dezember 2008.

Die zitierten Autoren, ,,Wissenschaftler“ und ,,Kritiker“ der sogenannten Exzellenz-Initiative, wenden sich gegen eine Zwei-Klassen-Hochschullandschaft. Sie wollen drei Klassen: internationale ,,Spitze“, nationale ,,Exzellenz“ (hier möchte die konservative Präsidentin Monika Auweter-Kurtz die Uni-Hamburg verortet wissen) und die große Masse.

Die ,,Exzellenzinitiative“ ist eine hochschulpolitische Maßnahme, die 2004 aus streng verwertungsdogmatischen ,,Think-Tanks“ in die Politik gespült wurde. Mit ihr wollen Bund und Länder unter konservativer Ägide zwischen 2006 und 2011 insgesamt 1,9 Milliarden Euro zwischen den Unis hin und her schieben. Verschieben, aber nicht zur Verbesserung der Hochschulen zusätzlich aufbringen. Denn gleichzeitig sind die bis vor kurzem fließenden Hochschulinvestitionsmittel in Höhe von jährlich 690 Millionen Euro gestrichen worden. Real handelt es sich also um eine Verschärfung der Unterfinanzierung.

In dieser politisch forcierten Mangelsituation konkurrieren nun bundesweit alle Universitäten bei steigenden Studierendenzahlen um die ihnen geraubten Mittel - mit vorhersehbarem Ausgang. Nach dem Prinzip ,,Wer hat, dem wird gegeben“, haben in den ersten Runden vor allem solide finanzierte, weil sehr wirtschaftsnahe Bereiche süddeutscher Hochschulen den Zuschlag erhalten. Die nennen sich jetzt ,,Elite“-Universitäten.

Mit diesem negativen Umverteilungssystem werden die Hochschulen, bzw. diejenigen Hochschulbereiche bevorzugt, die wenige Studienplätze zur Verfügung stellen, die ,,wettbewerbsfähigen“, also profitablen Forschungs-Output abzuliefern versprechen und die damit eher keinen allgemeinwohlorientierten Bildungs- und Forschungsauftrag wahrnehmen.

So versucht sich eine rückwärtsgewandte Lobby aus staatlichen Mitteln ihre kleinen, pseudo-privaten Harvards zu konstruieren. Ausschließlich gegen die - nicht nur feudal klingende - ,,Exzellenz“-Orientierung durchsetzbar sind humanistische Ansprüche an Bildung und Wissenschaft: allgemein förderliche Erkenntnisse, problemlösungsorientierte Wissenschaften, damit die wissenschaftliche Arbeit an einem produktiven, sozial gesicherten und erfreulichen Zusammenleben sowie Bildung für die solidarische Entfaltung der Persönlichkeit.

Das konservative Geschwätz von ,,Exzellenz“ ,,Spitze“, ,,Leistung“ hat dagegen eine sehr simple Zielsetzung: Die Unterwerfung der Wissenschaften und ihrer Subjekte unter die Tonnen-Ideologie der Standortkonkurrenz soll uns prachtvoll glänzend erscheinen.

Mehr ,,Differenzierung“ zwischen den Hochschulen heißt in diesem Zusammenhang nur mehr Konkurrenz, mehr Auslese, mehr Anpassung, mehr ökonomistische Plattheiten und weniger humane Qualität in Forschung, Lehre und Studium. Man lasse sich also besser nicht blenden.

Exzellenzförderung ist das, was sie immer war, der dekadente Reichtum von wenigen durch die erzwungene Armut der Mehrheit - kulturell und materiell.

Das ist auch irgendwie besonders: unklug.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Dienstag, den 9. Dezember 2008, http://www.harte--zeiten.de/artikel_803.html