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Zur Perspektive:

Die Universität benötigt Solidarität

„Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Selbstmord treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur wenige davon sind in diesem Staate verboten.“

Bertolt Brecht, „Me-ti. Buch der Wendungen“.

Eine drastische Schädigung ist hier und heute die Zerstörung von Hoffnung. Dabei ist Hoffnung kein luftiges Konstrukt, sondern real: die Abwesenheit von sozialer Not und Gewalt, sinnvolle Arbeit, eine faire und produktive Alltagskultur sowie das Bewußtsein der Bedeutung der eigenen Person für eine bessere Zukunft. Mit dieser Praxis wäre auch die Universität eine erfreuliche Einrichtung, in der das Zusammenwirken von Wissenschaft, Politik und Kultur als gemeinsamer Prozeß der Entfaltung für die Gesellschaft typisch und wirkungsvoll herausgebildet werden müßte.

Nichts steht diesem gesellschaftlichen Bedürfnis mehr entgegen als der ethikfreie Menschenverschleiß nach geschäftlichem Kalkül. Das betriebswirtschaftliche Diktat, die rigorose Hierarchie der ökonomischen Instrumentalisierung, traktiert alle mit autoritären Vorgaben. (Wem nützt die drittmittelreiche natur- und ingenieurwissenschaftliche Forschung derzeit wohl am meisten?) Wer nicht dient, soll ausgestoßen werden („Langzeitgebühren“).

Die marktradikalen Prinzipien werden universitätsintern durch den scharfen Kürzungskurs des Präsidiums bedient. Anstatt die Universität für den Kampf um eine humane und bedarfsgerecht öffentlich geförderte Bildung und Wissenschaft – inklusive der Gebührenfreiheit und der Ausweitung der Kapazitäten – zu positionieren, sollen die 15-prozentigen Streichungen für das Jahr 2007 durchgezogen werden. Berechnet wurden für eine weitere Verschärfung nun abstrakt die „Kosten pro Student“ in allen Fakultäten. Und, oh Wunder, läßt man die Sachmittel außen vor, sind die didaktisch entwickelteren und sowieso lehrintensiven Geistes-, Kultur- und Sprachwissenschaften sowie die Erziehungswissenschaft angeblich „überversorgt“. Eine Umverteilung zugunsten der anderen Fakultäten ist beabsichtigt. Hier wird sehr plump die massive Einflussnahme großer Kapitalverbände, die dringenden Bedarf an sogenannten „MINTs“ (Absolventen der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) anmelden, also „sprechende Werkzeuge“ der technologisch anspruchsvollen Entwicklung und einträglichen Produktion fordern, weitergereicht – von einer Roland-Berger-geschulten Uni-Kanzlerin und einer rüstungsrelevant forschenden Uni-Präsidentin.

Dagegen sind Kritik, Opposition und gemeinsames Handeln zur „Pflicht“ herangereift. Allgemeines Wohlbefinden ist eine Aufgabe aller. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definierte in ihrer Grundsatzerklärung von 1946 „Gesundheit“ mit großer Voraussicht: „Ein Zustand des umfassenden körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht lediglich das Freisein von Krankheit und Schwäche“.

Von diesem Maßstab aus ist Besserung in Sicht. Der Gedanke geht der Tat voraus.