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Zum Geleit XXXVII

Was soll denn daran so schmutzig sein?
oder
Die gemeinsame Gestaltung der allgemeinen Belange

1) Erkenne dein Sein

,,Ich kann hundert Dinge mein Eigentum nennen, insofern ich von ihnen dartun kann, daß sie ohne mich entweder gar nicht oder doch nicht solcher Gestalt vorhanden sein würden; aber folgt daraus, daß ich sie deswegen ausschließungsweise zu nutzen befugt bin?“

Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781), ,,Leben und leben lassen“/“Über Eigentum an Geisteswerken“, aus dem Nachlaß.

Alle Menschen in ihrer kulturellen Aneignung und sozialen Verwirklichung sind nie exklusiv respektive bedürfen: der Vor-Leistungen und - Bilder der Geschichte, der aktuellen Umstände, der nächsten und internationalen Mitmenschen, der Einsichten, der Aussichten -, der Veränderung durch rational koordiniertes Handeln. Menschlich ist, wer dies nicht vergißt.

2) Der unschätzbare Wert des Verbotenen

,,Vor den Geistlichen darf man nicht über Gott lästern. Vor Nationalen darf man nichts gegen das Vaterland sagen. Vor Kapitalisten nichts gegen die Nase der Börse, die tausend Nasen hat und keine... Die Empfindungen könnten verletzt werden. Aber ich habe noch nie gehört, daß in Deutschland irgend etwas getan wird oder unterblieben ist, weil sich Pazifisten in ihren Empfindungen verletzt fühlen.“

Kurt Tucholsky, ,,So verschieden ist es im menschlichen Leben“, 1928.

Die hohen und höchsten Instanzen erheischen humorfreie Unterwerfung. Niemand wagt es, zu widerlächeln. Der Kaiser ist nicht nackt. Die Bedeutung der Kleider und der Zeremonien sitzt tief.
Oder?

3) Geist und orientierte Tat

,,Die Philosophie teilt das Schicksal der Demokratie. Sie ist gezwungen, militant zu sein, aus dem einfachen Motiv der Selbsterhaltung. In der Welt, die das Ergebnis wäre von Hitlers Sieg, in dieser Gestapo-Welt allgemeiner Versklavung gäbe es Philosophie überhaupt nicht mehr, sowenig wie es Demokratie gäbe.“

Thomas Mann, ,,Denken und Leben“, 1941.

Die prinzipiellen Gedanken sind ohne relevante Teilhabe so wenig zu realisieren wie der gemeinsame Einfluß nicht ohne tiefere Einsichten zu haben ist.
Diese Geschwister sind gegen Roheiten zu verteidigen, sonst können sie sich nicht entwickeln. Klugheit braucht Bewegung - Züchtigung ist ihr zuwider.

4) Glanz und Banalität

,,Schaust du diese Bergesgipfel
Aus der Fern, so strahlen sie,
Wie geschmückt mit Gold und Purpur,
Fürstlich stolz im Sonnenglanze.
Aber in der Nähe schwindet
Diese Pracht, und wie bei andern
Irdischen Erhabenheiten
Täuschen dich die Lichteffekte.
Was dir Gold und Purpur dünkte,
Ach, das ist nur eitel Schnee,
Eitel Schnee, der blöd und kläglich
In der Einsamkeit sich langweilt.“

Heinrich Heine, ,,Atta Troll“, Caput XVI, 1842.

Genau betrachtet - auch aus der Distanz, mit dem Fernglas erkennbar - erweist sich das Imposante als etwas Gemachtes, das sich wieder verändern läßt.
Wenn keiner hingeht, ist kein Krieg. Zivile Entwicklung bedeutet die Einigkeit in dem prinzipiellen Richtungswechsel.

Hamburg, den 23. Oktober 2007

Veröffentlicht am Dienstag, den 23. Oktober 2007, http://www.harte--zeiten.de/dokument_643.html