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Der Weg der Universität

Woher kommt eigentlich die Hoffnung?

"Ihren Bildungsauftrag sieht die Universität in der Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit
zu argumentativer Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage. Für alle Menschen will sie ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung."

Leitbild der Universität Hamburg, 1998.

Am vergangenen Montag begrüßte die Uni-Präsidentin Auweter-Kurtz die Erstsemester offiziell. In ihrer Rede orientierte sich die seit November 2006 amtierende konservative Hochschulleiterin sehr eng am Leitbild der Universität: Mit dem Eintritt ins Studium begänne eine erfreuliche Lebenssituation, die aber starke Veränderungen mitbringe. Alle sollten deshalb ermutigt sei, Fragen zu stellen und auf die Behilflichkeit der anderen Unimitglieder zu bauen. Im Studium sei Eigeninitiative das A und O, vor allem in der Bestimmung der Schwierigkeiten. Sie riet, Wissen niemals als abgeschlossen zu betrachten, sondern immer kritisch zu hinterfragen und sich über das eigene Fach hinaus zu orientieren sowie sich - in Gremien, studentischen Vereinigungen oder Gemeinden - zu engagieren. Nur so könne die Universität ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für Frieden und Humanität entsprechen. Hierfür sei auch die Vielfalt und Größe der Universität Hamburg bedeutsam, die allerdings sehr durch politischen Modernisierungsdruck und Unterfinanzierung in Mitleidenschaft gezogen sei. Deshalb seien Studiengebühren nötig, die aber - mit Hilfe studentischer Beteiligung - nur für die Verbesserung von Lehre und Studium eingesetzt werden sollten.

Die Unipräsidentin, die sonst eher durch ein gänzlich unkritisches Verständnis ihrer Profession als Raketen- und Weltraumforscherin, ein spontanes Gefühl für Hierarchien und die volle Befürwortung von Studiengebühren auffällt, hat sich so verbal erheblich dem Aufklärungsethos einer humanistisch geprägten Universität angenähert. (Die Maßstäbe allgemeiner Nützlichkeit der Wissenschaften, demokratischer Selbstverwaltung und sozialer Offenheit haben durch die historischen Zäsuren von 1945 und 1968 an der Uni Hamburg immer noch eine starke Verankerung.) Der Verwirklichung des universitären Leitbildes und damit einer gesellschaftlich verantwortungsvollen Hochschulentwicklung steht aber die politische Realität der seit nunmehr fünfeinhalb Jahren CDU-regierten Hansestadt entgegen. Unter der expansiven Überschrift "Wachsende Stadt" wird hier verschärft ein neoliberales Gesamtprogramm zur vollen Zurichtung aller Lebensbereiche und -äußerungen nach kapitalistischen Verwertungsanforderungen verfolgt. (Bis ins Extrem hat diese unmenschliche Doktrin der ehemalige Justizsenator Roger Kusch mit seiner Forderung nach der ,Rehabilitierung' der Euthanasie - "aktive Sterbehilfe" - getrieben.)
Der rigorosen privat-ökonomischen Normierung aller Regungen nach Geld, Zeit und Leistung entspricht in der Universität die Einführung von Studiengebühren, die strikte Zerstückelung der Studiengänge in Bachelor und Master sowie die permanente Kontrolle durch Prüfungen und Punktewesen. Diese rüde Leistungshetze soll die Subjekte wissenschaftlicher Tätigkeit voneinander isolieren und die kurzfristige Marktverwertbarkeit der Wissenschaften sowie der AbsolventInnen sicherstellen. Erkenntnis und Solidarität zur Mehrung des humanen Nutzens sollen so auf der Strecke bleiben.
Mit den Gebühren, der neuen Studienstruktur und der isolierenden Leistungsdoktrin gibt es kein "klar kommen". Wer hier versucht dienlich mitzuhalten, bleibt auf der Strecke. Wer sich aufrichtet, erkennt: die smarte Oberfläche der neoliberalen Ummodelungen hat tiefe Sprünge. Das Neue ist weder gut noch "machbar". Verärgerung wird überall artikuliert. Der Wissenschaftssenator hat gepatzt. Er simuliert Stärke.
Es kommt also darauf an, zu entdecken, daß die anderen in ähnlicher Lage sind, die eigene Unzufriedenheit auszudrücken und solidarisch die Kritik an den Ursachen und Verursachern der Übel aufzugreifen und weiterzuentwikkeln. Das Engagement für den Boykott der Gebühren, in Fachschaftsräten und Gremien ist eine erhebliche Verbesserung der eigenen Lage. So erhält das "Leitbild" seinen lebendigen Sinn.

Zum Geleit XXXI

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Montag, den 2. April 2007, http://www.harte--zeiten.de/artikel_566.html