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Abrüstung statt Sozialabbau

Sozialer Fortschritt muß erkämpft werden

"Die Situation vor Beginn des [Irak]Krieges war eine ganz andere. Damals trieb die allgemeine Empörung über die rücksichtslose Kriegspolitik der Vereinigten Staaten die Menschen überall auf die Straße. Heute geht es wieder mehr um Aufklärung, Öffentlichkeitsarbeit, Präsenz der Friedensbewegung in den politischen Debatten."
(Peter Strutynski, Sprecher des Bundesausschuss' Friedensratschlag, 20. März 2004)

Die weltweiten Friedensdemonstrationen zum ersten Jahrestag des Überfalls auf den Irak sind eine kraftvolle Absage an Krieg und Besatzung. Dass Bush wackelt, Spanien seine Soldaten zurückzieht, andere ins Nachdenken kommen, sind Erfolge der Friedensbewegung, die im vergangenen Jahr die Regierungsvertreter der kapitalistischen Hauptmacht USA entlarven konnte, wie sie mit allen Mitteln der Demagogie - Bestechung, Erpressung, Einschüchterung, Lüge und Denunziation - um Akzeptanz für die globale Dominanz des US-Imperialismus warben.
Die "Präsenz der Friedensbewegung in den politischen Debatten" ist erforderlich, um den Sozialabbau und damit steigenden sozialen Druck als Folgen und Voraussetzungen der neuen NATO-Hochrüstungsprogramme im Interesse des Kapitals zu deuten. Es ist kein Zufall, dass CDU und CSU gerade jetzt, wo die Proteste gegen Sozialabbau Fahrt gewinnen, mit permanentem Notstand drohen. Ihre Forderung: Bundeswehr nun auch als "Heimatschutz" für Reiche gegen Demokratie, soziale und Friedensbewegung - damit sie auch in Zukunft sicher ausbeuten können. Die internationale Durchsetzung globaler Dominanz kapitalistischer Verhältnisse, wahlweise durch Infiltration, Überfall, Besatzung oder Plünderung hat die sozialen Probleme in den besetzten, pardon, befreiten Ländern bisher stets vergrößert.

Der Bürgerkrieg im Irak und die aktuellen Ausschreitungen im Kosovo verdeutlichen diese Erkenntnis. Als vor fünf Jahren das u.a. von der Kohl-Regierung seit Ende der 80er Jahre vorbereitete Finale der Zerschlagung des Vielvölkerstaates Jugoslawien mit dem NATO-Überfall begann, gegen Vereinte Nationen und Völkerrecht, sollte mit dem Märchen von der "Humanitären Katastrophe" durchgesetzt werden, nunmehr Kriege nach Kapitalbedarf führen zu können. Schon damals warnten kritische Stimmen, daß Bomben und freie Marktwirtschaft keines der Probleme lösen, viele aber verschärfen würden.
Davon zeugen die neusten Morde und Plünderungen. Die Arbeitslosigkeit im Kosovo übersteigt mittlerweile 80 Prozent, gerade unter der Jugend ist die Perspektivlosigkeit allgegenwärtig und Banden organisierter Kriminalität formen eine Schattengesellschaft. Entgegen der Ideologie "chirurgischer Eingriffe" destabilisieren der Krieg und die Besatzung im Kosovo auch die umliegende Region. Das kriegszerstörte Serbien mußte seit 1999 über 350.000 aus dem Kosovo geflohene Bürger integrieren, Mazedonien drohte ein Bürgerkrieg. Alle Forderungen nach mehr Polizei und schnelleren Eingreiftruppen sind daher Öl ins Feuer. Dort wie hier sind soziale Probleme nicht mit Repression zu lösen.
Die Alternative ist bekannt: Truppenabzug, Förderung der (mehrsprachigen) Bildung, Aufbau der (zerstörten) Infrastruktur, Beseitigung sozialer Ungleichheiten, Programme für sinnvolle Beschäftigung und zu aller erst mehr Diskussion über die Ursachen der Probleme - auch in den Parlamenten.
Frieden läßt sich nur gegen das ökonomische Interesse am Krieg erreichen. Friedliche Verhältnisse, soziale Gleichheit, kulturelle Entfaltung, sinnvolle Arbeit und demokratische Entwicklung der Lebensbedingungen Aller durch Alle lassen sich nur durch Abrüstung insbesondere in den entwickeltesten kapitalistischen Ländern, Auflösung der NATO, Umwandlung der Kriegs- in Friedensproduktion und Zerschlagung der rüstungsorientierter Großkonzerne erreichen. Dafür muss auch der gesellschaftliche Druck auf die nationalen Regierungen steigen. Internationale Verständigung und sozialer Fortschritt sind so weltweit Aufgabe kritischer Kräfte. Grund und Anlässe gibt es genug.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Donnerstag, den 1. April 2004, http://www.harte--zeiten.de/artikel_178.html