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Für soziale Offenheit!

Entwurf einer Stellungnahme des Akademischen Senats zum sogenannten Studienfinanzierungsgesetz

Der CDU-Senat will – nachdem er mit den sogenannten Verwaltungsgebühren und den Strafgebühren für längere Zeit Studierende die grundsätzliche Gebührenfreiheit des Studiums unterminiert hat – allgemeine Gebühren von 500 Euro pro Semester zum Wintersemester 2006/07 einführen. Die Hochschulen sollen nun zu seinem Gesetzentwurf Stellung nehmen. Die Universität kann dabei an zahlreiche Diskussionen und Beschlüsse anknüpfen, in denen sie ausgehend von studentischen Protesten ihre Gebührenablehnung zum Ausdruck gebracht hat. (Vgl. Beschlüsse das Akademischen Senats vom 18.12.2003, 24.06.2004, 12.05.2005, 22.09.2005.*) Einen Vorschlag für die notwendige Stellungnahme des Akademischen Senats der Uni Hamburg haben wir für dessen Sitzung am 19. Januar eingereicht und dokumentieren ihn nachstehend.

Für Vernunft, Kooperation und Entfaltung - Nein zu Studiengebühren!

Der Akademische Senat der Universität Hamburg bekräftigt angesichts des Senats-Entwurfs für ein „Studienfinanzierungsgesetz“ seine mehrfach beschlossene Ablehnung von Studiengebühren.

— Studiengebühren verstärken die soziale Ungleichheit und behindern den Bildungszugang von Menschen aus Haushalten mit niedrigen und mittleren Einkommen. Sie erhöhen damit ebenso kulturelle Bildungsbarrieren. Sie verschärfen so die Ausgrenzung großer Bevölkerungsgruppen aus dem gesellschaftlichen Leben. Die beabsichtigte Darlehensfinanzierung und die geplante staatliche Ausfallgarantie befördern zudem die gemeinwohlschädigende Tendenz der Häufung großer privater Gewinne zu Lasten der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger und der öffentlichen Haushalte. Dieser politische Zusammenhang ist ursächlich für die finanzielle Misere der Hochschulen. In einer entwickelten demokratischen Gesellschaft muß der Staat durch die soziale Öffnung aller Bildungseinrichtungen die Mündigkeit und Gleichberechtigung der Bürgerinnen und Bürger fördern.

— Studiengebühren degradieren die Studierenden zu Kunden einer beliebig austauschbaren Dienstleistung und die an der Universität Tätigen zu Dienstleistern. Bildung soll der gemeinsamen inhaltlichen Bestimmung über Aufgaben, Ziele und Formen des Wissenschaftsprozesses entzogen und zu einem abstrakten, geldwerten Produkt werden. Engagierte Neugierde für einen allgemein nützlichen Wissenschaftsprozeß setzt dagegen die gleichberechtigte, demokratische, aufklärerische Kooperation aller Beteiligten voraus. Entsprechend sind die Einrichtungen der akademischen und studentischen Selbstverwaltung zu stärken.

— Studiengebühren dienen der Stigmatisierung jedes Erkenntnisinteresses, das über die ökonomische Verwertung von Wissen und Mensch hinaus geht. Der soziale und kulturelle Druck der Gebührenzahlung drängt auf die kurzfristige Orientierung auf Arbeitsmarktanforderungen bei Studierenden und Lehrenden und untergräbt wissenschaftliches Hinterfragen, Kritisieren und Verändern gesellschaftlicher Bedingungen des Mensch-Seins. Die Ordnungspolitik richtet sich gegen das Fortschreiten wissenschaftlicher Erkenntnis, in deren Mittelpunkt die kooperative Humanisierung der Lebensverhältnisse aller steht und somit direkt gegen Wissenschaftsinhalte, Wissenschaftler und Disziplinen, die dem kalten Primat der privaten Ökonomie nicht dienen.

— Sozialer Druck, kulturelle Ökonomisierung und die Stigmatisierung gesellschaftlich gestaltenden Erkenntnisgewinns durch Studiengebühren bedrängen die Motivation persönlicher Entfaltung im verantwortlichen Erkenntnisprozeß durch das Lernen aus Angst vor Desintegration.

Der Akademische Senat fordert daher den politischen Senat auf, den Entwurf zurückzunehmen, die Privatisierung von Bildungskosten zu beenden und den Weg einer bedarfsgerechten, öffentlichen Finanzierung der Bildungseinrichtungen und des Lernens einzuschlagen.

* Die Beschlüsse sind dokumentiert in den Broschüren „Für Demokratisches Engagement und humanistische Aufklärung – Eine politische Bilanz I, II & III“, einsehbar unter www.bae-hamburg.de/broschueren.html.