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70 Jahre Befreiung – Lehren, Ansprüche und Rechte heute verwirklichen

„Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuß der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.“

(Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN (1948), Artikel 22)

Vor 70 Jahren, am 8. Mai 1945, war der Sieg der Anti-Hitlerkoalition entschieden. Die Gründung der Vereinten Nationen und die Erklärung der Menschenrechte waren Schlussfolgerungen aus dem Sieg des humanistischen Bündnisses über deutschen Faschismus und Krieg. Die Ansprüche von damals aber sind bis heute nicht umfassend verwirklicht.

Bereits kurz nach dem Krieg setzte in der entstehenden Bundesrepublik die Restauration ein: Im Widerspruch zum Grundgesetz, das die Würde des Menschen (Art 1) und die Gleichheit vor dem Gesetz (Art 3) garantiert sowie alle Handlungen verbietet, die „geeignet und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören“ (Art 26) begann der Wiederaufstieg von NS-Chargen in höchste Ämter. Hans Josef Maria Globke, Kommentator der Nürnberger Rassegesetze wurde Kanzerlamtschef, Nazi-Richter und Wirtschafts-Bosse rückte wieder in alte Posten. Zur Restauration gehörte auch, dass studentische Verbindung und Burschenschaften, die die frühe Verfolgung und Vertreibung von Andersdenkenden und jüdischen Wissenschaftler*innen aus den Universitäten betrieben hatten, wieder zugelassen wurden. Professoren, die ihre Karrieren auf die Vertreibung von Kollegen gebaut und sich an der Verbreitung, Legitimation und Umsetzung von Nazi-Ideologie bis hin zur rassistischen Verfolgung und Vernichtung beteiligt hatten, blieben unbehelligt oder wurden rehabilitiert. Ihre exilierten Kollegen und politischen Kontrahenten von einst wurden hingegen erneut in der Regel von bundesdeutschen Hochschulen fern gehalten. Daran änderte erst die studentische Bewegung der 1960er Jahre grundlegend etwas. Seit den 1980er Jahren wird dieses negative Erbe der Hochschulen vermehrt kritisch aufgearbeitet.

Die Restauration diente der Verleugnung des demokratischen und humanistischen Widerstands und der Wiederherstellung der Macht des „Bündnisses der Eliten“ (Fritz Fischer) aus privater Ökonomie , rechter Politik und rückwärtsgewandter Wissenschaft – nun mehr unter den Vorzeichen einer parlamentarischen Demokratie und durch antifaschistische Befreiung und soziale Bewegungen eindeutig zivilisiert durch des Grundgesetz und einen demokratischen Sozialstaat.

Deshalb ist auch heute noch viel zu tun: Für die Verwirklichung des positiven Ansprüche von 1945, für „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ und für eine demokratische und soziale Entwicklung, in der allen Menschen, gleich welcher Herkunft, die persönliche Entfaltung in solidarischen Verhältnissen ermöglicht ist.

Das Studierendenparlament der Universität Hamburg deshalb ruft dazu auf, diese Ansprüche und Widersprüche zu reflektieren und praktische Schlussfolgerungen für heute daraus zu ziehen.

Zentrale Veranstaltung der Universität Hamburg anlässlich des 70. Jahrestags ihrer Wiedereröffnung am 6. November 1945

Freitag, 6. November 2015, 9:00 Uhr, Magdalene-Schoch-Hörsaal (Hörsaal J)

Begrüßung: Prof. Dr. Susanne Rupp, Vizepräsidentin der Universität Hamburg

Grußwort: Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung

Einleitungsvortrag: Prof. Dr. Rainer Nicolaysen, Leiter der Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte

Von der „Hansischen Universität“ zur „Universität Hamburg“

Hauptvortrag: Anton F. Guhl M.A., Doktorand am Fachbereich Geschichte der Universität Hamburg

Entnazifizierte Universität? Zur Bedeutung der politischen Überprüfung der Professoren für die Universität Hamburg

„Erinnerung und Mahnung“ – Gedenkveranstaltung

Montag, den 9. November 2015 15:30 Uhr – 17 Uhr Joseph-Carlebach-Platz (Neben dem Allendeplatz/Abaton)

Zum 76. Jahrestags der Reichspogromnacht. An diesem Ort wurde im faschistischen Deutschland am 9. November 1938 die Bornplatz-Synagoge angezündet.

Veranstalter: VVN-BdA, Jüdische Gemeinde, Universität Hamburg

Ort: Joseph-Carlebach-Platz (Grindelhof), Hamburg

Veröffentlicht am Donnerstag, den 29. Oktober 2015, http://www.harte--zeiten.de/dokument_1301.html