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Das Traumschiff

Mit dem AStA ins bunte Wohlbefinden
Der AStA bei der Arbeit

Hallihallo und willkommen an Bord - Dein AStA ist immer für dich da. AStA - das sind doch die mit den bunten Heftchen, oder? Genau! Wenn Du heute schon wissen willst, was nächste Woche in der Mensa serviert wird, wende dich ans AStA-"Info-Café". Denn nach Auffassung der grünen AStA-Referenten scheint es für die Studierenden lebenswichtig zu sein, über den Essensplan in der Hauptmensa informiert zu werden. Oder über die spannenden Hobbys der AStA-Mitglieder. Aufregende Doko-Vamps gefällig? Join them! Zum Beispiel bei einer der AStA-Parties zu Semesterbeginn. Zwar ist das die Zeit, wo traditionell in diversen Fachbereichen Semesteranfangs-Parties steigen. Aber was ist schon eine Party ohne AStA? Und was sollten die Referenten auch sonst machen, den lieben langen Tag lang. Auf die Idee, das ein AStA die Interessenvertretung der Studierenden sein könnte, sind die Grünen jedenfalls noch nicht gekommen.

Beispiel Studienfinanzierung: Hier begnügt man sich damit, die Binsenweisheit zu wiederholen, daß das BAföG, also die staatliche Ausbildungsförderung, unzureichend sei. Ferner kann man auf der Website des AStA-Sozialreferates nachlesen, die Bundesregierung habe zum kommenden Sommersemester eine große BAföG-Reform angekündigt. Daß niemand auf die Idee käme, der AStA habe zu dieser Reform eine Meinung. Allenfalls kann man aus der Erklärung, der AStA sei für einen "Systemwechsel" in der Ausbildungsförderung schließen, daß unser AStA das BAföG prinzipiell für überholt hält. Wie allerdings eine rundumerneuerte Ausbildungsförderung aussehen soll - vor allem wer sie finanziert - darüber erfährt man bei den Grünen nichts. Da ist es fast beruhigend zu wissen, daß der AStA in Sachen BAföG-Reform keinerlei Aktivitäten entfaltet.

Weniger beruhigend ist es allerdings, daß die - immerhin drei! - AStA-Sozial-referenten es nicht für nötig halten, die Infomaterialien im Sozialreferat immer auf dem aktuellen Stand zu halten. Also, vorsicht: Wer sich auf die Informationen aus dem Sozialreferat verläßt, für den kann es schon mal heißen: kein BAföG unter dieser Nummer.

Ebenfalls Fehlanzeige war eine Mitwirkung des AStA an den Stellungnahmen der Universität zur laufenden Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes. Immerhin geht es hier um die gesetzlichen Grundlagen all dessen was an der Universität so passiert, nicht zuletzt auch das Studium (inklusive Fragen wie Studiengebühren, Prüfungsordnungen usw.) Wer glaubt den AStA interessierts, sollte lieber noch mal aufmerksam in eine der aussagekräftigen AStA-Broschüren schauen.

Statt dessen lobt man das Studentenwerk für die Preiserhöhungen in der Mensa. Grund: Vor einigen Jahren hatten andere Grüne durchgesetzt, daß in der Mensa ein Bio-Essen angeboten wird. So weit so schön. Nur war der Preis, daß das vorher bestehende Angebot eines vegetarischen Essens in das sogenannte kontrolliert-biologischer-Anbau-Menü umgewandelt und um satte 30% verteuert wurde. Daß damit alle Vegetarier um einer fragwürdigen Demeter-Ideologie Willen kräftig geschröpft wurden, fanden die Grünen realpolitisch ganz in Ordnung. Inzwischen fand der AStA, es könne nicht angehen, daß ausgerechnet ein vegetarisches Essen besonders teuer sein soll. Ach! Nun haben sich die Grünen dafür eingesetzt, daß alle anderen Essen verteuert werden, um den Gesund-Matsch querzusubventionieren. Merke: Preiserhöhung zwei wird mit Preiserhöhung eins gerechtfertigt - Realpolitik?

Aber so richtig in Fahrt kommt die AStA-Besatzung offenbar erst, wenn es darum geht andere bei ihrer Arbeit zu behindern. Dazu zwei Beispiele. Der AStA besteht traditionell aus Fachreferaten (z.B. für Soziales, Hochschulpolitik etc.) und aus den Teilautonomen Referaten. Das sind Referate, die zur Vertretung der Interessen spezifisch benachteiligter bzw. diskriminierter Gruppen von Vollversammlungen der jeweiligen Gruppen gewählt werden. Zum Beispiel gibt es ein Schwulenreferat, ein AusländerInnenreferat, ein Behindertenreferat. Letzteres benötigt für seine Arbeit eine Computerausstattung, für Sehbehinderte. Uns doch gleich, meinen die Grünen, denen ihre bunten Reklameflyer scheinbar nicht teuer genug sein können, die auch nie geizig sind, wenn es zum Beispiel darum geht eigene Leute mit AStA-Pöstchen zu versorgen. Diese Grünen waren sich nicht zu schäbig, um bei einem Gesamtetat von etwa einer halben Million DM zu erklären, man wolle ja gern jedoch habe man die paar tausend DM nicht, um Sehbehinderten an dieser Universität das eigenständige Arbeiten mit Computern zu ermöglichen.
Beispiel zwei: Der AStA verwaltet die
Gelder der gesamten Studierendenschaft,
also auch Gelder für die einzelnen Fachschaften - die studentische Interessenvertretung "vor
Ort" also. Nur gehen die Grünen davon aus,
es handle sich bei den Studentischen Geldern recht eigentlich um ihr Privatspielzeug. Und
so dürfen andere nur Spielen, wenn es den
Grünen paßt. Spaß beiseite: Die Fachschaften
Jura und Geschichte veranstalteten eine Informationsveranstaltung über Burschenschaften in Hamburg und baten den AStA um Finanzmittel für Werbung und Fahrkosten für einen Referenten. Die Grünen lehnten
es ab, die Veranstaltung zu finanzieren, wenn
die Veranstalter nicht zusicherten, daß Burschenschafter auch uniformiert Zutritt
erhielten. Bäumchen wechsel dich: Während ein früherer AStA z.B. das Buch "... und er muß deutsch sein" der Hochschul-Antifa über Geschichte und Gegenwart Hamburger Verbindungen finanziell unterstützte, schwingen sich die Grünen zu Verteidigern von Burschenschaftern auf. Als "menschenverachtend" bezeichnete es der AStA-Vorsitzende, wenn die Veranstalter es (wohlgemerkt auf einer antifaschistischen Veranstaltung) nicht hinnehmen wollen, daß Burschenschaften durch das sog. "Farbentragen" für Ihre antidemokratische Gesinnung werben.

Au weh! So polemisch mögen die Grünen es gar nicht, falls es nicht gerade gegen Linke geht. Bunt und dufte wohlig, so mag man es gern. Das einzige, was dabei stören könnte, sind Studierende mit so gewöhnlichen Problemen wie "Wo kriege ich BAföG her", so langweiligen Anliegen wie der Verbesserung der Studienbedingungen oder so humorlosen Auffassungen wie "Null Toleranz für Rechtsextremisten". Käpt'n AStA und Crew wünschen noch eine störungsfreie Reise. Ihr zahlt schließlich dafür.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Donnerstag, den 26. Oktober 2000, http://www.harte--zeiten.de/artikel_120.html