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Eckpunkte für Leitlinien der Hochschulentwicklung

Kampf um die Zukunft!

Der AS beschließt eine hochschulpolitische Programmatik

Der Akademische Senat der Universität hat in seiner letzten Sitzung Eckpunkte für die Entwicklung der Universität beschlossen. Er antwortet damit eigenständig auf die Ankündigung der Senatorin für Wissenschaft und Forschung, Dorothee Stapelfeldt, neue „Leitlinien für die Hamburger Hochschulen“ erarbeiten zu wollen und setzt dafür Maßstäbe.

Neue „Leitlinien“ muß es deshalb geben, weil die alten vom CDU/FDP/Schill-Senat im Jahre 2003 erlassen wurden. Sie entstanden auf Grundlage eines Gutachtens der sogenannten Dohnanyi-Kommission unter Federführung der Unternehmensberatung McKinsey & Company und Mitwirkung von anderen Kapitalvertretern, z.B. der Unternehmen Schering und Bertelsmann.

Daher sahen diese Leitlinien eine umfassende Zurichtung von Bildung und Wissenschaft auf die unmittelbare profitable Verwertung von Forschung und Absolventen vor und oktroyierten den Hochschulen Elemente unternehmerischer Lenkung, Studiengebühren und die Bologna-Deform. Diese Orientierung hat die Hochschulen in eine tiefe Krise geführt.

Umso wichtiger ist es, daß eine sozialkritische und kooperative Erneuerung von Bildung und Wissenschaft gründlich erfolgt und ein adäquates Gesamtprogramm sowie eine solide öffentliche Finanzierung realisiert werden. Mit dieser

Ambition hat der Akademische Senat in Abstimmung mit den Fakultätsräten die nachstehend dokumentierten Eckpunkte erarbeitet.

Der Kampf um die Zukunft kann fortgesetzt werden.

- Dokumentiert -

Eckpunkte für Leitlinien der Hochschulentwicklung

Beschluß des Akademischen Senats der Universität Hamburg vom 30. August 2012

Wissenschaft kooperativ und in gesellschaftlicher Verantwortung entwickeln
Die Universität Hamburg muss als Volluniversität mit breitem Spektrum erhalten und ausgebaut werden. Wissenschaft wird effizient in Kooperation statt in Konkurrenz entwickelt; Fächergruppen, z.B. Geistes- und Kulturwissenschaften, Sozialwissenschaften, Lebenswissenschaften und Naturwissenschaften (so sie denn voneinander abgrenzbar sind) haben gleichermaßen Bedeutung für die Hochschule und sollen nicht gegeneinander, sondern stets miteinander entwickelt werden. Die Entwicklung ist so zu gestalten, dass sich die einzelnen Wissenschaftsbereiche gegenseitig stärken.

Dabei sollen die einzelnen Fächer eigenständig sein. Es braucht gute Entwicklungsmöglichkeiten für die Teildisziplinen, um mit den anderen Fächern in Auseinandersetzung treten und kooperieren zu können.

Die UniHH betont als Ziel, „dass die Universität einen Beitrag zur zivilen, ökologisch nachhaltigen, sozial verantwortlichen und demokratischen Entwicklung der Gesellschaft leisten soll und somit ihrer öffentlichen Verantwortung aktuell gerecht werden will. Die Universität will sich der Herausforderung stellen, Perspektiven für gestaltendes Eingreifen in gesellschaftliche Entwicklungen zu eröffnen, anstatt lediglich bestehende Gegebenheiten nachzuvollziehen.“ (AS-Beschluss vom 8.9.2011)

Die Wissenschaft muss bedarfsdeckend öffentlich finanziert sein, um die Orientierung auf gesellschaftliche Aufgaben im Rahmen der wissenschaftlichen Unabhängigkeit zu gewährleisten.

Fächervielfalt, Forschung und Studienangebot der Universität sollen sich an den folgenden vier Aspekten orientieren:

- Relevanz auf Grund gesellschaftlicher Herausforderungen (z.B. ökonomische Reproduktion, Entwicklung des Staatswesens, ökologische Nachhaltigkeit, Frieden, soziale Gerechtigkeit, Gesundheitsprävention),
- Relevanz aus der Logik / Intention der Forschung selbst,
- Nachfrage und Interesse der Studierenden,
- Erhalt und Ausbau seltener Fächer mit geringer Verbreitung in der Republik.

1) Forschung:

Individualforschung und Verbundforschung gleichermaßen fördern

Forschung (einschließlich der kritischen Reflexion bisheriger Ergebnisse) sowie Neu- und Weiterentwicklung von Erkenntnissen sind essentielle Aufgabe der Universität. Dabei ist eine Balance aus breiter, auf individueller Motivation basierender Forschung und themenbezogenen Schwerpunktsetzungen anzustreben. Schwerpunkte sollten nicht von außen gesteuert werden, sondern sie entwickeln sich i.d.R. aus individueller Forschung und bilden dann für einen bestimmten Zeitraum zentrale Themen. Forschungsgruppen sollen fächerübergreifend arbeiten können und von der Universität gefördert werden. Wissenschaftliche Resultate bzw. Forschungsergebnisse sollen dabei für die Lehre aufbereitet werden, um auch auf diesem Wege den Transfer in die Gesellschaft (auch im internationalen Kontext) zu ermöglichen. Dafür soll die Praxis der Forschenden aus einem ausgewogenen Verhältnis zwischen der Bearbeitung von Forschungsthemen und der Aufbereitung dieser für die Lehre bestehen.

2) Studium & Lehre:

Universität als Bildungsinstitution weiterentwickeln

Entgegen den dominierenden Zielen des Bologna-Prozesses, „die arbeitsmarktrelevanten Qualifikationen der europäischen Bürger ebenso wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems zu fördern“ ist der AS für die weitere Entwicklung der Universität der Überzeugung, dass Studium und Lehre in der Hauptsache auf die „Bildung mündiger Menschen“ (Leitbild) in kritischer gesellschaftlicher Verantwortung gerichtet sind und sich in der so gewollten „Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit zu argumentativer Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage“ auch die Qualifizierung zur Ausübung von Berufen verwirklicht - nicht umgekehrt. Zwischen „Studierenden“ und „Lehrenden“ ist von einem wechselseitigen Lehr- / Lernverhältnis auszugehen, in das - ohne Dogmatik - Lehrende und Studierende in je spezifischer Weise fachliche Erfahrungen und gesellschaftlichen Aktualitätsbezug einbringen. Dazu gehört auch das gemeinsame Forschen von Lehrenden und Studierenden.

Die Betreuungsrelation zwischen Studierenden und Lehrenden vor allem im unbedrängten inhaltlichen Austausch am wissenschaftlichen Gegenstand ist zu verbessern, wobei es auch flexiblere Gestaltungsformen der Betreuung (wie z. B. die Form der Werkstatt oder des Projektstudiums) braucht, die am Inhalt orientiert sind. Hohe Prüfungsdichte, starre Fristenregelungen, Studiengebühren und erhöhte Lehrdeputate sind zu überwinden.

3) Innere Struktur:

Sinnvolle Entwicklung erfordert Partizipation der Hochschulmitglieder

Die gegenwärtige Organisationsform ist so zu ändern, dass die Gruppen-orientierten Gremien gegenüber den Leitungsfunktionen gestärkt werden und in diesem Zusammenhang auch die Fächerebene einerseits und die gesamtuniversitäre Ebene andererseits gestärkt werden. Die Wahl in Leitungsfunktionen ist stets durch nach Mitgliedergruppen zusammengesetzte Gremien zu entscheiden. Studium, Lehre, Forschung, Verwaltung und Selbstverwaltung bilden eine Einheit, indem
der Großteil der Lehre durch Personen zu realisieren ist, die in der Forschung involviert sind,
Studierende sich in allen Studienphasen an Forschungsarbeit beteiligen,
gruppenmäßig zusammengesetzte Selbstverwaltungsorgane überall dort eingerichtet und befasst sein müssen, wo fachliche Entscheidungen und wo Verwaltungsentscheidungen zu treffen sind.
Die Zahl der unbefristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter ist zu erhöhen.

4) These zur Hochschulfinanzierung:

Gute Bildung braucht solide Grundausstattung

Die Entwicklung der Hochschule als Volluniversität in Einheit, die qualitätsvolle Verwirklichung von Studium und Lehre, soziale Bedingungen für produktive Wissenschaft sowie die demokratische Verfassung der Institution erfordern mehr und langfristig beplanbare Finanzen. Die Grundfinanzierung muss deutlich erhöht werden.

Veröffentlicht am Donnerstag, den 30. August 2012, http://www.harte--zeiten.de/dokument_1129.html