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Es geht immer anders

Zum Jahrestag der Bücherverbrennung

,,Die Wahrheitssucher mit dem kühnen Wesen
Und ihrer Gier, die Haut zum Markt zu tragen
Die stets so frei sind und die Wahrheit sagen
Damit die Spießer etwas Kühnes lesen:
Wenn man sie sieht, wie das am Abend friert
Mit kalter Gattin stumm zu Bette geht
Und horcht, ob niemand klatscht und nicht versteht
Und trostlos in das Jahr 5000 stiert:
Jetzt frag ich Sie nur noch: Ist das bequem?
Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm.“

Bertolt Brecht, Ballade vom angenehmen Leben (Neufassung 1948), aus: Die Dreigroschenoper, 1928.

Zwanzig Jahre ganz und gar ,,freies“ Marktwirtschaften hat die Welt kriegerischer gemacht. Die sozialen Gegensätze sind tief; der Reichtum ist groß, die Gründe der Krise liegen offen. Oben und Unten ist eine veränderbare gesellschaftliche Einteilung. Jetzt ist eine Etappe des Neubeginns. Menschenwürdige Verhältnisse und echte Demokratie gelingen, wo kritisch neue Perspektiven, Handlungsweisen und soziale Strukturen gewonnen werden. Diese Praxis hat stets Vordenker und Vorbilder. Wir erinnern deshalb:

Die Etablierung des deutschen Faschismus war das letzte härteste Mittel der Eliten, die politische und soziale Überwindung des Kapitalismus nach der Weltwirtschaftskrise 1929 zu verhindern. Mit der Machtübertragung an die Hitlerpartei haben 1933 die Herrschenden den Weg zu kriegerischer Ausbeutung bis zur Vernichtung geöffnet.

Die humanistische Alternative war dagegen die ganze Zeit präsent, erkenn- und gestaltbar. Sie wurde erst recht in der Gegnerschaft zu den Mythen und Zerstörungen ihrer Zeit, in Exil und Widerstand (bis in die KZs) entfaltet. So gelang mit der Befreiung von der Barbarei 1945 (teilweise) auch eine bessere Gesellschaft. Auch die nazistische Barbarei, mit dem Versuch, Aufklärung, Humanität, kritische Wissenschaft, Demokratie und soziale Bewegung zu vernichten, konnte dies nicht verhindern.

Ein frühes Fanal der Diktatur war die ,,reichsweit“ organisierte Verbrennung von Büchern pazifistischer, republikanischer, kommunistischer und jüdischer Autorinnen und Autoren. Auch in Hamburg wurde sie am 15. Mai 1933 - durch den damaligen Dachverband der Deutschen Studierendenschaft (DSt) organisiert - lokal von AStA und Nationalsozialistischem Deutschen Studentenbund (NDStB) durchgeführt. Knapp 1.000 Kulturfeinde nahmen an der zynischen Inszenierung teil, die ,,der Bejahung der deutschen Erneuerung“ diente, wie es in einem Schreiben der DSt an die ASten hieß. Studentische Verbindungen (Burschenschaften, Corps, Landsmannschaften, konfessionelle Verbindungen etc.) hatten daran als hierarchische Aufsteigerseilschaften mit konkurrenzhaften Riten erheblichen Anteil. Sie haben sich 1933 weitgehend reibungslos in die NS-Diktatur eingefügt. Der organisierte Elitarismus dieser Vereine hat bis heute seinen Inhalt - Karriere durch extrem reaktionären Opportunismus - nicht eingebüßt. Zu welchem historischen Ende, ist bekannt.

Deshalb sind Demokratie und soziale Gleichheit allenfalls zu bevorzugen. Konkurrenz verstellt den Blick fürs Wesentliche: ,,Besonders sieht man die Ähnlichkeit aller mit sich selbst. Man beruft sich nicht auf seine Herkunft. Im Durchschnitt sind alle, wie sie geboren werden, mehr verwandt als fremd. Die lebenslange Bemühung entscheidet.“

Heinrich Mann, ,,Gut geartete Menschen“, 1932.

Eine Welt der Gleichen ist eine Welt des Genusses. Kritisches Erinnern verhindert gefährliche Wiederholungen und bringt wahrhaft Neues.

V.i.S.d.P.: Olaf Walther, Golnar Sepehrnia & Christian Sauerbeck, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: FachschaftsBündnis - Aktive für demokratische und kritische Hochschulen,
harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
und Liste LINKS - Offene AusländerInnenliste . Linke Liste . andere Aktive
Veröffentlicht am Donnerstag, den 5. Mai 2011, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1036.html